Inhalt: Paris 2024 – Die Medizinstudentin Gottfrida (Gigi), 22 J., steht dem Konzept der Unsterblichkeit, das Prof. Boucher für die nahe Zukunft vorhersagt, ablehnend gegenüber. Hingegen zieht die Energie des Professors sie immer mehr an. Gegen alle Vernunft verliebt sie sich in ihn und wird von einem Strudel aus Leidenschaft, wissenschaftlichem Wahnsinn, perfider Menschenverachtung, Gewalttätigkeit und Grausamkeit in die Tiefe gezogen.
Zur gleichen Zeit reist die Journalist Marta, 34 J., nach Rio de Janeiro. Dort erlebt sie den qualvollen Tod von zigtausend Bewohnern eines Armenviertels. Schritt für Schritt deckt sie die skrupellosen Machenschaften, die für den elenden Exitus der Menschen verantwortlich sind, auf.
Am Abgrund treffen Gottfrida und Marta aufeinander. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt. Werden die beiden Frauen ihn gewinnen?

Schreibstil: Hauptsächlich zwei Ich-Erzählerinnen (Gigi und Marta) und ein personaler Erzähler (Elmar), alternierend, Präsens – energiegeladen, temporeich, bildhaft

Meine Meinung: Die Geschichte besteht aus drei Erzählsträngen, die zunächst nebeneinander verlaufen, um dann zu einem festen Zopf verflochten zu werden. Jeder einzelne Strang hat einen hohen Spannungsbogen.

Bei der Erzählung um Gigi resultiert die Spannung zunächst vor allem aus der energiegeladenen Beziehung zwischen ihr und Prof. Boucher. Wird aus den beiden ein Liebespaar? Was hat es mit der Unsterblichkeitstheorie auf sich? Dann wandelt sich die Spannung von einer von Romance dominierten zu einer actiongeladenen Spannung. Hingegen ist die Spannung im Erzählstrang Marta direkt actiongeladen: Wird sie herausfinden, was zu dem grausamen Massensterben geführt hat? Wird sie ihren Verfolgern entkommen? Und was hat es mit dem Taxifahrer Elmar, der junge Menschen durch das nächtliche Paris chauffiert, im dritten Erzählstrang  auf sich? Obwohl er einen freundlichen Eindruck erweckt, sträuben sich meine Nackenhaare bei seinem Erscheinen, denn die Autorin suggeriert durch raffinierte Vorausdeutung, dass er etwas im Schilde führt.

Neben dem genannten Foreshadowing bedient sich die Autorin weiterer schreibtechnischer Kniffe, wie Cliffhanger an den Kapitelenden, die mich der Fortsetzung des jeweiligen Erzählstranges entgegenfiebern lassen. Ab zirka 60% des Buches reißt die Spannung nicht mehr ab, ein Twist wird jagt den nächsten. Zusätzlich wird die Spannung durch den eindringlichen, temporeichen Schreibstil gepusht. So werden z. B. Redebegleitsätze auf das notwendige Minimum begrenzt und Ellipsen verwendet. Das Setting wird pointiert eingesetzt, gibt genügend Info, um sich die Szenerie vorstellen zu können, lenkt aber nicht von der Handlung ab. Das Sci-Fi Element „Unsterblichkeit“ ist plausibel dargelegt, ufert aber nicht aus, sodass die Spannung nicht unter wissenschaftlichen Ausführungen leidet. Sehr gut gefallen hat mir auch die Bildhaftigkeit der Sprache, z. B. „… einzelne Strähnen haben sich aus ihrer Frisur gelöst, sie wirkt wie ein jammerndes Schneewittchen auf mich.“

Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet. Auch wenn der Thriller den Titel „Gottfrida“ trägt, steht Marta ihr in nichts nach. Bei beiden handelt es sich um starke Frauenfiguren, die eine glaubwürdige Entwicklung durchlaufen. Gigi begegnet mir anfangs als resolut und vorlaut. Aus der Geschichte taucht sie als eine Frau auf, die stark und frei, aber auch voller Schmerz ist. Marta erlebe ich anfangs als eine mutige Frau, die ihre Unabhängigkeit liebt und mit dem Kopf durch die Wand geht. Im Laufe der Geschichte lernt sie den Wert von Bindungen zu schätzen.

Fazit: Ein spannender Sci-Fi-Thriller mit Sogwirkung, der die Leser in die menschlichen Abgründe zieht. Emotional, spannend und mit einem Schuss Romance.

Empfehlung an LeserInnen, die Techno-Thriller und Sci-Fi-Thriller lieben.

Das Prequel zu der Rasmus-Effekt. Beide Geschichten sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.