Settings in Romanen: Schreibtipps-to-go

Viele AutorInnen, die erstmals einen Roman schreiben, machen sich Gedanken über die Figuren und die Handlung, messen aber dem Setting keine große Bedeutung bei. Dabei hat die Wahl des Settings eine subtile, aber kraftvolle Wirkung auf die Sexyness, d. h. die sinnliche Anziehungskraft, der Geschichte. Diese entsteht durch die geschickte Verbindung von Handlung, Charakteren und Settingelementen wie Ort, Jahreszeit, Architektur u. a.

Eine sinnliche Anziehungskraft und Atmosphäre beruht dabei nicht nur auf äußeren Elementen, sondern ist in hohem Maße von der Beschreibung und der Sinneswahrnehmung der Charaktere abhängig. Hierzu zählen z. B. visuelle Eindrücke, Gerüche, Berührungen, Klänge. Die Art und Weise wie Charaktere ihre Umgebung wahrnehmen sowie die Emotionen und Gedanken der Protagonisten spielen eine zentrale Rolle bei der Übertragung von Sinnlichkeit auf den Leser.

Was ist das Setting in Romanen?

Das Setting ist der Schauplatz (Szenerie), also der Ort und der Zeitpunkt, in der die Handlung des Romans spielt. Das Setting schafft den Hintergrund für den Ablauf der Geschichte sowie für die Aktionen, Interaktionen und Entwicklungen der Charaktere.

Die Wahl des Settings beeinflusst die Stimmung, Atmosphäre und den Kontext der Geschichte. Ein gut gewähltes Setting kann die Handlung bereichern, die Charaktere zum Leben erwecken und die Leser tiefer in die Welt der Geschichte ziehen. Es kann auch dazu beitragen, Emotionen zu verstärken und eine positivere Gesamterfahrung für die Leser zu schaffen.

Bezüglich der Wahl des Settings gibt es drei Möglichkeiten:

  1. Es kann ein real existierender Ort gewählt und auf Regionalität gesetzt werden. Hierbei ist es notwendig, den gewählten Ort zu kennen oder sich durch ausgiebige Recherche über den Ort zu informieren.

     

  2. Der Schauplatz bleibt vage, d. h. es wird festgelegt, in welchem Land die Geschichte spielt, ob in der Stadt oder auf dem Land. Der Name der Stadt wird nicht genannt. Diese grundlegende Entscheidung ist wichtig, da das Leben auf dem Land sich von dem Leben in der Stadt unterscheidet.

So habe ich zum Beispiel in dem Roman APRODITE, Psychothriller, ein vages Setting gewählt, um der Geschichte mehr Allgemeingültigkeit zu verleihen. Sie könnte sich in einer x-beliebigen Stadt in Deutschland ereignen.

Mein Hauptsetting ist eine City. Der Name wird nicht genannt. Innerhalb dieser Stadt gibt es spezifischere Settings, in der sich die Romanfiguren bewegen, z. B. Tatorte, Bars, Parks, Gärten, Häuser, Wohnungen der Kommissare u.v.m.

Jeder einzelne dieser Schauplätze stützt die Charaktere und die Handlung. So sagt z. B. die Einrichtung eines Hauses viel über eine Figur, z. B. einen Verdächtigen, aus. Wie ist das Haus gebaut (Architektur) und eingerichtet (Innenarchitektur)? Welche Musik läuft im Hintergrund? Popmusik oder Klassik? Welche Bücher liegen auf dem Wohnzimmertisch? Romane oder Fachbücher? Welche Gerüche wandern durch den Wohnraum? Kalter Zigarettenrauch oder der Duft frischer Rosen?

In dem Psychothriller APHRODITE habe ich mich zusätzlich für das Settingelement „Herbst“ entschieden, und zwar für die negativen Aspekte dieser Jahreszeit (Nebel, grau in grau, Regen), um die düstere Stimmung des Thrillers zu untermauern.

  1. 3. Es wird ein fiktiver Ort geschaffen (oder sogar eine fiktive Welt, wie z. B. in High Fantasy Romanen). 

    Für den Cosy Krimi, an dem ich derzeit arbeite, habe ich einen fiktiven Ort erschaffen, um nichts Negatives über einen realen Ort zu schreiben. Bei der Wahl des Hauptsettings bin ich folgendermaßen vorgegangen:

England (real) – Surrey (real) – ein malerisches Dorf in Surrey (fiktiv)

Weitere Settingelemente: Jahreszeit – Winter, Architektur – Georgianisches Gästehaus, Cottages, Pub, u.a.

Dieses fiktive Dorf ähnelt einem realen Dorf, in dem ich bereits war. Ich habe den Stadtplan dieses Dorfes übernommen und für mich notwendige Adaptionen vorgenommen, z. B. ein Gästehaus eingezeichnet.

Keine der o.g. Alternativen kann als besser oder schlechter bewertet werden. Es kommt auf die Geschichte an und darauf, wie das Setting die Charaktere und die Handlung stützt und welches inhärente Konfliktpotential es bergen soll. Beispiel: Ein Flugzeug stürzt ab, 20 Passagiere überleben. Die Wahl des Settings (Absturz in der Wüste, im Dschungel, auf einer einsamen Insel etc.) bestimmt einen Teil der Konflikte, auf die die Passagiere stoßen, z. B. Wassermangel, Schlangen etc.

Faktoren, die bei der Wahl des Settings eine Rolle spielen:

  1. Genre der Geschichte: Das Setting sollte zum Genre (Thriller, Fantasy, Romance, etc.) passen und die gewünschte Stimmung unterstützen (spannend, fantastisch, romantisch).
  1. Zeitliche Epoche: Der Schauplatz, egal ob historisch oder zukünftig, muss für die Leser plausibel sein.
  1. Kulturelle Aspekte: Gibt es bestimmte kulturelle Aspekte in dem Setting, die notwendig sind, um Authentizität zu wahren und die Leser in die Welt deiner Geschichte zu versetzen?
  1. Charakterentwicklung: Überlege, wie die Szenerie die Persönlichkeiten, Motivationen und Konflikte der Figuren formen könnte.
  1. Funktionalität: Das Setting sollte nicht nur visuell ansprechend sein, sondern auch zur Funktion der Geschichte beitragen und das Voranschreiten der Handlung ermöglichen.
  1. Flexibilität: Das Setting sollte genug Flexibilität bieten, um verschiedene Handlungsentwicklungen zuzulassen.
  1. Konfliktmöglichkeiten: Ein gutes Setting bietet Konfliktpotenzial durch natürliche Hindernisse, gesellschaftliche Spannungen, unerwartete Elemente o. ä.
  1. Recherche: Falls das Setting real existiert oder historisch ist, ist gründliche Recherche wichtig, um Authentizität zu wahren und mögliche Fehler zu vermeiden.
  1. Leserbindung: Eine fesselnde Umgebung kann die Neugier der Leser wecken und die Leser tiefer in die Geschichte ziehen.
  1. Symbolik und Metapher: Das Setting kann symbolische Bedeutung haben. Überlege, wie es metaphorisch auf Themen oder Charakterentwicklungen verweisen kann.

Was hat es nun mit der Behauptung „Settings brauchen Sexyness“ auf sich?

Der Begriff „Sexyness“ wird häufig verwendet, um die erotische Anziehungskraft von Personen, Handlungen oder Umgebungen zu beschreiben. Oft bezieht sich „Sexyness“ auf eine sinnliche und attraktive Ausstrahlung, die mit körperlicher Anziehung, charakterlichen Merkmalen und Verführung verbunden ist. Wer was als anziehend empfindet, ist natürlich individuell verschieden.

Dementsprechend ist das Setting für einen Roman „sexy“, wenn es eine sinnliche und anregende Atmosphäre bietet. Wichtig ist, dass das Setting zum Genre, den Protagonnisten und der Handlung passt.

Hier einige Beispiele, um die unterschiedliche Wirkung/inhärente Anziehungskraft verschiedener Settings zu zeigen:

  1. Stadt – Land: Die Urbanität eines Schauplatzes kann eine besondere Sexyness ausstrahlen. Der Lärm der Stadt, das Neonlicht der Straßen und die ständige Bewegung können eine pulsierende Energie erzeugen, die sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen überträgt. Die Anonymität einer Großstadt kann zu unerwarteten Begegnungen und leidenschaftlichen Momenten führen, während abgelegene ländliche Gebiete eine ruhige und intime Kulisse für romantische Entwicklungen bieten können. 
  2. Architektur:

Historische Schlösser und geheime Gassen in alten Städten können eine Aura von Geheimnis schaffen. Hingegen wohnt exklusiven Hotels eine Aura von Exklusivität inne. Der Charme eines exotischen Ortes kann die Fantasie beflügeln und eine Umgebung schaffen, die die Charaktere in eine Welt des Abenteuers und der Verführung entführt.

  1. Jahreszeiten:

Der Winter mit Kälte und kühlem Glanz von Schnee kann Intimität erzeugen. Gemeinsames Einkuscheln vor dem Kamin, das Knirschen von Schritten im Schnee und der Zauber von winterlichen Landschaften können eine sinnliche Atmosphäre schaffen.

Ebenfalls kann ein Strand mit dem Rauschen der Wellen, dem warmen Sand unter den Füßen, dem Duft von Salz in der Luft und Sonnenstrahlen, die über die Haut streicheln eine romantische und erotische Stimmung erzeugen und eine Kulisse für romantische Begegnungen schaffen.

Wichtig ist, dass das Setting nicht nur für die Leser attraktiv ist, sondern auch für den Autor. Der Autor muss sich in seinem Setting wohlfühlen, sich gern dort aufhalten und Freude an dem, was er sieht, riecht, fühlt etc. empfinden und die Fähigkeit haben, diese Freude zu vermitteln.

Fazit:

Die Kunst des Settings in Romanen liegt in der Fähigkeit des Autors, eine Umgebung und Atmosphäre zu schaffen, die nicht nur als Kulisse dient, sondern als aktiver Mitspieler in der sinnlichen Choreografie der Handlung. Dies kann zu einer Dynamik zwischen dem Setting eines Romans und der emotionalen Resonanz des Lesers führen. Durch das Zusammenspiel zwischen Ort und sinnlicher Anziehungskraft werden die Leser tiefer in die Welt der Charaktere gezogen und können sich besser in die Figuren hineinversetzen. Dadurch wird die Intensität der Geschichte gesteigert.

Während des Schreibprozesses gilt es, das Setting authentisch zu vermitteln. Der AutorIn muss dem LeserIn ein Gespür dafür geben, wo die Geschichte spielt und welche Atmosphäre dort herrscht. Dabei muss der AutorIn ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Informationen und Handlung finden. Beschreibungen des Settings müssen zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Maß eingefügt werden, um dem Leser einen sinnlichen Eindruck zu vermitteln. Dabei dürfen sie aber nicht in seitenlangen Ortsbeschreibungen enden, die die Handlung ausbremsen und die Spannung nehmen.

Buchempfehlungen:
Angela Ackerman & Becca Puglisi: The Urban Setting Thesaurus: A Writer’s Guide to City Spaces
Angela Ackerman & Becca Puglisi: The Rural Setting Thesaurus: A Wirter’s Guide to Personal and Natural Places