Inhalt: Deutschland, 80er Jahre – Frieder, 16 J., muss die Sommerferien bei seinen Großeltern verbringen, um dort für die Nachprüfungen in Latein und Mathe zu büffeln, während seine Familie in Urlaub fährt. Doch dann lernt Frieder das Mädchen in dem flaschengrünen Badeanzug kennen und erlebt einen unvergesslichen Sommer, der sein Leben für immer verändern wird.

Schreibstil: Ich-Erzähler, Präteritum – schnörkellos, präzise, eindringlich

Meine Meinung: Der große Sommer katapultiert die LeserInnen in die 80er Jahre. Frieders Erlebnisse in diesem Sommer sind eigentlich nichts Besonderes: die erste große Liebe, Freundschaft, Glück, Tod, Enttäuschungen und Erkenntnisse. Was es zu etwas Besonderem macht, sind die Erzählstimme, die Charaktere und das Gespür des Autors für die sommerlich aufgeheizte Stadtatmosphäre und die Nachwehen des Nationalsozialismus‘ in den 80er Jahren.

Der 16jährige Ich-Erzähler ist authentisch und liebenswert mit einem dezenten 80er-Jahre-Jargon. Die Charaktere sind einzigartig und glaubwürdig. Das Nachbeben der Kriegszeit findet Einzug in Frieders Familiengeschichte: Frieders Großmutter wurde aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten vertrieben. Sein Großvater, ein Professor für Virologie , ist einer jener harten, undurchdringlichen Männer, die der Krieg hervorgebracht hat.  

Die Geschichte wird in angenehm kurzen Kapiteln erzählt, die generell für ein hohes Erzähltempo sorgen. Trotzdem hing der Spannungsbogen für mich an einigen Stellen, die Frieders Freund Johann betrafen, etwas durch. Kleine Twists konnten mich zwar überraschen, aber nicht wirklich berühren, da sie weitgehend andere Figuren betrafen und sich so nur indirekt auf Frieder auswirkten.

Sehr gut gefallen haben mir die in kursiver Schrift eingeschobenen Friedhofsszenen, die als Spannungsmomente inszeniert sind: Ein Mann sucht an einem Herbsttag in der Gegenwart nach einem bestimmten Grab. Warum? Nach welchem Grab? Wird er es finden? Fragen über Fragen werden aufgeworfen, die für Spannung sorgen. Schnell wird klar, dass es sich bei dem Mann, um den erwachsenen Frieder handelt, der sich an den großen Sommer erinnert. Die Auflösung mündet in einem dramaturgischen Ringschluss, der absolut schlüssig, aber wenig dramatisch oder spektakulär ist. Ein sauberer, handwerklicher Kniff.

Fazit: Ein atmosphärisch dichter Sommerroman voller Liebe, Freundschaft und Nostalgie.

Empfehlung: An Leser die Coming-of-Age-Romane lieben.

Herausgeber: ‎ DuMont Buchverlag, 320 Seiten, 20,- Euro (Taschenbuch)