Treffen mit Mona Ziegel im Atelier Tanja Bäumler/Malerei 
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„Moni hat geweiiiiiihhhhnnnnt!“ Beim Frühstück hat sich der Ohrwurm von den Bläck Fööss in meinen Gehörgang gefressen, und wie sehr ich auch hüpfe und hopse, ich werde ihn einfach nicht los. Das alles nur, weil ich heute mit Mona verabredet bin. Mona oder Moni – der eine Buchstabe scheint für mich keinen großen Unterschied zu machen. Also sitze ich jetzt im Cotta’s, summe vor mich hin und warte auf Mona. „Schallali und Schallala …“ Okay, ich höre auf. Schließlich sollt ihr etwas über das Cotta’s erfahren und nicht über die Bläck Fööss.
   

Das Restaurant & Café gibt es schon ewig und drei Tage. Vor kurzem wurde es vollständig renoviert und hat sich so quasi neu erfunden. Das Podest und vieles mehr mussten weichen und haben Raum für einen zeitgenössischen, modernen Look geschaffen. Dem Namen entsprechend kann man im Cotta’s von morgens bis tief in die Nacht das Leben genießen –mit einem Kaffee auf der Sonnenterasse über ein ausgedehntes Frühstück und Mittagsmenü bis hin zu Kuchen, frisch gezapftem Feierabendbier und einem Abendessen. Das Cotta’s ist rund um die Uhr bereit und steht auch für ausgiebige Feiern mit Menü- und Buffetvorschlägen Gewehr bei Fuß.

Mein Blick fällt auf meine Armbanduhr. Mona ist schon fünfundzwanzig Minuten überfällig. Im Job zuverlässig und pünktlich, nimmt sie diese Tugenden im privaten Bereich auf die leichte Schulter. Da ich kein Buch dabeihabe, greife ich zur Speisekarte. Immerhin besser als Gebrauchsanweisungen und Beipackzettel, mit denen ich mir notfalls auch die Zeit vertreibe.
    Gefrühstückt habe ich bereits. Das vegane Frühstück und die Vitamin-Bombe haben aber auf jeden Fall das Potential, mich zu einem zweiten Frühstück zu verführen. Bis fünfzehn Uhr könnte ich es sogar noch bestellen. Die diversen Eierpfannen, Bagels, Pancakes & Co. sind natürlich auch nicht ohne. Dies gilt ebenfalls für die italienischen Vorspeisen, Pasta und Pizzen. Nur die Fleisch- und Fischgerichte sowie die Burger reizen mich als Vegetarier so gar nicht. Eins steht zumindest fest: falls Mona sich noch mehr Zeit lässt, werde ich hier derweil bestens versorgt.
     Mein Handy spielt den Yankee Doodle und vertreibt kurz den Mann im Ohr, der immer noch „Moniiiiiii hat geweeeeeiiiihnt“ krakelt. Das Display zeigt Monas Handynummer an.

    „Hallo, Mona“, melde ich mich.
     „Moniiiii“, beschwert sich der Sänger in meinem Ohr.
     „Hi Charlotte“, flötet Mona. „Würde es dir etwas ausmachen, mich hier bei Tanja zu treffen? Ist gerade so nett.“
     „Tanja?“ Meine Stirn wirft sich in Falten. „Ist das ein Café?“
     „Nein, eine Malerin. Sie hat ihr Atelier gleich um die Ecke.“
     Ich notiere mir die Adresse auf einer Serviette, bezahle meinen Cappuccino und befinde mich bereits zehn Minuten später an Ort und Stelle.

„Hall …?“ Das O verschlucke ich gemeinsam mit meiner Überraschung, als ich die Tür zu dem geräumigen Studio öffne und mich eine Welle aus Helligkeit, Leichtigkeit und Lebensfreude umspült. Aus einem hinteren Raum dringt ansteckendes Gelächter. Stärker als das Lachen locken mich jedoch die Leinwände an, die mit Acrylfröhlichkeit überzogen sind.

Blanke Busen, die verschiedene Cocktailnamen tragen, und Popos im Pool, auf Luftmatratzen und Donuts zieren die Wände im vorderen Verkaufsbereich. Den Werken wohnt keinerlei pornographische Anmutung inne, sondern lediglich die pure Lust auf Sommer. Vergangene Urlaube lösen sich aus meiner Erinnerung und spülen wie weiche Wellen in mein Bewusstsein. Der Geruch von Sonnencreme kitzelt meine Nase, eine warme Brise streichelt meine Haut, und ich bekomme Appetit auf Antipasti, Panna Cotta und einen Cocktail natürlich. Kurzum: ich bin sofort schockverliebt.
     „Da bist du ja endlich.“ Mona fällt mir um den Hals. Bevor ich noch etwas entgegnen kann, greift sie meinen Oberarm und zieht mich mit sich. Meine Aufmerksamkeit schlüpft in einen weiteren Raum, der verschiedene Staffeleien mit unvollendeten Kunstwerken, Farbtiegeln, – tuben und -flaschen, Pinseln und Farbkleksen auf dem Fußboden beherbergt. Durch eine hintere Tür befördert mich Mona nach draußen. Im Hinterhof erwarten mich Pflanzen in Kübeln und eine liebevoll dekorierte Holzsitzgruppe, die mit Prosecco, Wasser, Gläsern und Knabbereien beladen ist.

Ehe ich mich gefasst habe, begrüßt Tanja mich wie eine alte Bekannte. Die positive Energie, die von ihr ausgeht, ist fast körperlich spürbar. Kein Wunder, dass sich diese Ausstrahlung auf Leinwänden manifestiert. Tanja drückt mir zwei Küsschen auf die Wangen und ein Glas Prosecco in die Hand. „Schön, dich kennenzulernen. Mona hat schon viel von dir erzählt.“
     „Echt?“ Ich nippe an dem Getränk. „Woher kennt ihr euch denn?“
     „Na ja“, Mona wedelt mit der Hand, „das haben wir dir zu verdanken. Als du mich für deinen Roman ASKLEPIOS entworfen hast, hast du mir das Hobby Malen zugeschrieben. Folglich male ich in meiner Freizeit. Als ich mir in einem Fachgeschäft neue Aquarellfarben gegönnt habe, bin ich zufällig in Tanja gestolpert, und wir haben uns auf Anhieb verstanden.“
     „Es kann doch nicht sein, dass meine Charaktere außerhalb meiner Romane tatsächlich ein Privatleben führen“, denke ich und schaue hilfesuchend zu Tanja.
     Tanja strahlt und nickt begeistert. „Toll, oder?“
     „Ganz toll.“ Die Worte rutschen ungewollt aus meinem Mund. Ehrlich gesagt, finde ich es unerhört, dass Mona sich außerhalb meiner Zeilen rumtreibt und obendrein noch Freundschaften schließt. Das geht doch nicht, oder? „Kommt Spike auch?“, schafft sich mein Unmut Luft.
     „Nein. Wieso?“
     „Weil du dich so aufgebrezelt hast wie damals zu eurem Rendezvous im Blue Lou.“ Die Worte fallen vor ihre High Heels. „Es ist unseren Lesern übrigens bekannt, dass du dich in ihn verguckt hast.“
     „Das stimmt doch gar nicht.“ Zwischen Monas gezupften Augenbrauen protestiert eine Falte. „Der Flirt mit Spike ist doch nur ein Spiel. Macht schließlich jede. Im Blue Lou wollte ich ihm nur das Ergebnis meiner Tagesrecherche mitteilen und anschließend meinen Freund vom Flughafen abholen.“
    Meine Kinnlade klappt nach unten. Was für ein Freund? Ich schaue zu Tanja in der Hoffnung auf Unterstützung.
     Sie prostet mir begeistert zu. „Sie wollte Bernd einsammeln.“
     „Bernd?“, entfährt es mir.
     „Mein Freund“, erklärt Mona unnötigerweise. „Er ist zwar verheiratet, hat mir aber versprochen, sich scheiden zu lassen.“
     „Du hast eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Also, Mona, das geht nicht.“ Meine Entschlossenheit lässt sich auch vom Prosecco nicht verwässern.
     „Es geht dich nichts an, was ich außerhalb deiner Bücher treibe. Das ist sozusagen meine Freizeit.“ Monas Unterlippe schiebt sich nach vorne.
     „Mich geht es nichts an, was meine Romanfiguren treiben?“ Meine Stimme klettert in einen höheren Oktavbereich und wird von einem Crescendo begleitet.
     „Also, meine Lieben“, trennt Tanja unseren Disput, „es ist doch wirklich viel zu schön zum Streiten.  Die Sonne lacht, der Prosecco prickelt und du,“ sie schaut Mona an, „wolltest sowie los, um Bernd am Bahnhof zu treffen.“
     Mona nickt heftig.
     „Und dir würde ich gern mein Atelier zeigen“, schlägt Tanja mir vor.
     Ich schließe kurz die Augen, atme tief durch und lasse einige Sekunden verstreichen. Wie könnte ich diesen Vorschlag ablehnen? Warum sollte ich mir diese wundervolle Gelegenheit von Monas Affäre versauen lassen?
     „Gerne“, lächle ich schließlich versöhnt. Aber wehe, Mona steht eines Tages weinend vor mir. Dann werde ich sie sicherlich nicht trösten. „Schallali und Schallala …“

ASKLEPIOS

Ein pädophiler Mörder. Ein Gott der Heilkunst. Eine perfide Therapie.

Als die fünfjährige Emma entführt und brutal ermordet wird, zerbricht das Leben ihrer Familie. Kaum haben die Angehörigen sich mühsam eine neue Existenz aufgebaut, wird Emmas Mörder aus dem Gefängnis entlassen und verschwindet kurz darauf spurlos. Hat er wieder ein Mädchen in seiner Gewalt? Wurde er entführt? Wer außer Emmas Familie hätte einen Grund zur Vergeltung? Um die Kommissare Ruby und Spike legt sich ein Netz aus Lügen und Geheimnissen. Während das Ermittlerduo die Fäden entwirrt, befindet sich Emmas Mörder in der Hand von Asklepios, dem Gott der Heilkunst, der ihn einer perfiden Therapie unterzieht …

Hinweis der Autorin: Dieser Roman ist nicht für Leser geeignet, die brutale und blutrünstige Unterhaltung lieben. Von Szenen, die Kindesmissbrauch oder Vergewaltigungen beschreiben, distanziere ich mich ausdrücklich. Asklepios vergeht sich lediglich an einem Mann. Sorry, guys!