Derzeit prüfe ich die Satzfahne (auch: Druckfahne, Korrekturbogen) für meinen dritten Thriller, der im November 2023 in der edition krimi erscheint.  Häufig werden mir diesbezüglich Fragen gestellt, z. B.

Warum musst du denn die Satzfahne prüfen? Wurde der Text nicht lektoriert?Prüfen nicht die Korrektoren im Verlag die Satzfahne?

Lektorat, Korrektorat und Buchsatz mit Satzfahnenprüfung sind verschiedene Schritte im Veröffentlichungsprozess. Jeder einzelne Schritt ist wichtig und hat seine Daseinsberechtigung.

Im Lektorat geht es um den Text bzw. die Geschichte an sich. Im Groblektorat liegt das Augenmerk auf dem Inhalt und dem Aufbau der Geschichte. Hier werden zum Beispiel folgende Punkte geprüft:

  • Ist der Verlauf der Geschichte logisch? Gibt es Logiklöcher?
  • Ist der Spannungsbogen gegeben?
  • Sind die Charaktere dreidimensional, also tief angelegt? Entwickeln sich die Charaktere im Laufe der Geschichte?
  • Werden genretypischer Merkmale, die von den Lesern erwartet werden, eingehalten?

Im Feinlektorat wird die Sprache unter die Lupe genommen. Dazu gehören unter anderem

  • Ausdruck
  • Show don’t tell (Z B. werden zu viele Filterwörter verwendet?)
  • Prüfung verwendeter Stilmittel. (Werden zu viele Stilmittel angewandt?Sitzen Vergleiche und Metaphern?)
  • Lieblingswörter. (Gibt es Wörter, die zu häufig auftauchen? Zu viele Wortwiederholungen auf einer Seite?)

Steht der Text, geht das Manuskript ins Korrektorat. Das Korrektorat widmet sich der Korrektur von Fehlern, wie Rechtschreibung, Grammatikfehler und Interpunktion.

Nach Abschluss des Korrektorats wird die Text-Datei (inkl. Bild-Dateien, falls vorhanden) an den Buchsatz (verlagsintern oder ein Satzbüro) weitergeleitet. In der Manuskript-Phase (Schreiben der Geschichte, Lektorat, Korrektorat) nutzen AutorInnen, LektorInnen und KorrektorInnen oft ein Textverarbeitungsprogramm wie z. B. Word. Beim Buchsatz erfolgen Satz und Layout mithilfe eines Grafikprogramms (beispielsweise InDesign). Das Ergebnis ist die sogenannte Satzfahne, die das Layout des Buches widerspiegelt.

Ein professioneller Buchsatz berücksichtigt die Lesegewohnheiten des Zielpublikums und zeichnet sich durch optisch ansprechende Gestaltung und Lesefreundlichkeit aus. Hierbei spielen z. B. folgende Faktoren eine Rolle:

  • Schriftart, Schriftgröße
  • Zeilenabstand
  • Zeilenbreite
  • Satzspiegel
  • Satzart
  • Laufweite und Wortabstand
  • mikrotypografische Feinheiten

Es gilt aber noch zahlreiche andere Regeln, z. B. zur Gestaltung von Umbrüchen, Trennungen, Seitenenden und mehr zu befolgen. Diese findest du z. B. hier: https://www.typolexikon.de

Aus dem Grafikprogramm wird die Satzfahne für die Autorenkorrektur in ein PDF exportiert. AutorInnen haben dadurch die Möglichkeit, ihr Werk so zu betrachten, als wäre es schon veröffentlicht, d. h. in gegenüberliegenden Doppelseiten. Dies hilft bei der Layoutkontrolle.

Das vom AutorIn mit einem PDF-Programm wie Adobe Acrobat korrigierte PDF wandert wieder zurück in den Buchsatz. Dort werden die Korrekturen im Grafikprogramm umgesetzt und aus der korrigierten Layoutdatei wird ein neues PDF erzeugt. Dieses geht zur Gegenprüfung wieder an den AutorIn. Diese Produktions- und Korrekturschleifen können im Prinzip unendlich wiederholt werden, bis die Freigabe der Satzfahne durch den Autor erfolgt. Aus technischen Gründen können manchmal nicht alle Fehler ausgemerzt werden. So müssen AutorInnen oftmals Kompromisse eingehen.

Einige gängige Fehler, an denen wir in der Satzfahne von Thriller Nr. 3 gearbeitet haben:

  1. Hurenkinder und Schusterjungen – zwei unterschiedliche, aber verwandte Typen von Satzfehlern, die unästhetisch sind und den Leserhythmus stören.

Hurenkind = alleinstehende letzte Zeile eines Absatzes, die oben auf einer Seite steht
Schusterjunge = alleinstehende erste Zeile eines Absatzes, die unten auf einer Seite steht

Hier hat die Setzerin mir die entsprechenden Textstellen markiert und ich habe den Text auf der entsprechenden Seite jeweils ergänzt oder gekürzt.

  1. Trennung von Namen am Zeilenende

Namen sollen am Zeilenende möglichst nicht getrennt werden. Hier habe ich beispielsweise Umstellungen vorgenommen, z. B. „Andi und Konstantin“ (Konstantin musste getrennt werden, um kein „Loch“ in der Zeile zu haben) wurde zu „Konstantin und Andi“ (Andi kam komplett in die neue Zeile).

  1. Worttrennungen

Auf eine Silbentrennung am Zeilenende sollten in der neuen Zeile mindestens drei Buchstaben folgen. Auch hier habe ich um Nachbesserung gebeten.

Ein Satzfehler, der in meiner Satzfahne nicht vorkam, mir aber häufig in Büchern begegnet: Absätze werden in der ersten Zeile eingerückt, ABER, ACHTUNG, dies gilt nicht für den ersten Absatz im Buch, den ersten Absatz im neuen Kapitel oder den ersten Absatz in einer neuen Szene. Nach der Kapitelüberschrift startet der Text am Zeilenanfang. Ebenfalls in einer Szene nach einer Leerzeile, die Szenen voneinander trennt.

Happy writing,
Charlotte